Die drei Bären der Weisheit

Hintergrund-Informationen zur HERMANN-Coburg Messe-Edition 2006

 

Wer kennt sie nicht, die drei Affen, die sich die Augen, die Ohren und den Mund zuhalten und mit diesen Gebärden ausdrücken wollen, dass sie nichts sehen, nichts hören und nichts sagen. Die Drei-Affen-Figur mit ihrer sprichwörtlichen Weisheit ist ein international verbreitetes Motiv. Man findet sie in den unterschiedlichsten Ausführungen auf der ganzen Welt. Unklar jedoch ist ihr Ursprung. Auf jeden Fall schließt ihre Überlieferungsgeschichte zwei so entfernte Lebensräume, wie es die europäische und die fernöstliche Kultur sind, gleichzeitig mit ein.

Sprachforscher sehen verwandtschaftliche Beziehungen zu einem im Europa des Mittelalters weit verbreiteten, lateinischen Sprichwort, das in der Zeit zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert in Lehnübersetzungen ins Mittelhochdeutsche und Frühneuhochdeutsche übernommen wurde: „Audi, vide, tace, si tu vis vivere pace“ (höre, siehe, schweige, wenn du in Frieden leben willst). Auffällig ist jedoch, dass hier nur das Sprechen negiert wird. Auch findet sich in der mittelalterlichen, lateinischen Überlieferungsgeschichte kein Hinweis auf das Affen-Symbol.

Wahrscheinlicher ist deshalb, so die Auffassung mehrerer Sprichwort- und Redensart-Forscher, dass das Symbol der drei weisen Affen seinen Ursprung im asiatischen Bereich hat. Man geht davon aus, dass die erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Europa bekannt gewordene Drei-Affen-Weisheit von Japan aus ihren Siegeszug rund um die Welt angetreten hat. Hierfür spricht auch ein interessantes Wortspiel, das als Erklärung für die Entstehung des Affensymbols immer wieder herangezogen wird. In der japanischen Sprachformel „mi-zaru, kika-zaru, iwa-zaru“ (nicht sehend, nicht hörend, nicht sprechend) entspricht „zaru“ dem deutschen Wort „nicht“, aber es lässt sich auch leicht mit dem japanischen Wort für Affe „saru“ verwechseln, so dass aus der dreimaligen Negativ-Endung leicht drei Affen werden konnten, die die Weisheit des „Nichtsehen, Nichthören, Nichtsprechen“ durch ihre Gesten verbildlichen.

Die erste plastische Darstellung der drei weisen Negierungen in Form der Drei-Affen-Version findet sich Anfang des 16. Jahrhunderts am Fuße sogenannter Koshin-Steine. Bei diesen Koshin-Steinen handelt es sich um religiöse Symbole, die in ländlichen Gegenden Japans an Wegkreuzungen zu finden sind, wie etwa die Wegkreuze in katholischen Regionen Europas. Sie gehen auf eine japanische Gottheit namens „Koshin“ zurück, die als „Gott der Wege“ mit der Weisheit des „Nichtsehen, Nichthören, Nichtsprechen“ und damit auch mit deren symbolhafter Darstellung in Form der drei Affen in Verbindung gebracht wurde. Als eine Art religiöses Heilssymbol sollen die drei heiligen Affen dem Reisenden Glück bringen.

Was diese ursprünglich religiöse Bedeutung anbelangt, so gehen Sprichwort-Forscher davon aus, dass das Nichtsehen, Nichthören, Nichtsprechen als Mahnung an den Betrachter verstanden werden soll: „Ihr sollt auf Eurer Reise durchs Land und durchs Leben nichts Böses sehen, hören und sprechen“. Auch wenn das japanische Sprichwort – „mi-zaru, kika-zaru, iwa-zaru“ – nicht explizit seine Aussage auf das Böse, das nicht gesehen, gehört oder ausgesprochen werden soll, einschränkt, so kann davon ausgegangen werden, dass dieser Hinweis ursprünglich in die Bedeutung des Sprichwortes mit eingeflochten war. Interessant ist nämlich, dass sich in der angloamerikanischen Überlieferung dieses Sprichwortes aus dem Fernen Osten von vornherein die Variante „Hear no evil, see no evil, speak no evil“ (höre nichts Böses, sehe nichts Böses, spreche nichts Böses) als Standardform herausgebildet hat, während die deutsche Lehnübersetzung entsprechend der japanischen Version nur das uneingeschränkte „nichts sehen, nichts hören, nichts sagen“ kennt.

Gut drei Jahrhunderte bleiben die drei Affen in Japan einheimisch, bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts geschäftstüchtige Souvenirhändler selbstgeschnitzte Drei-Affen-Figuren an neugierige Ausländer verkauften. Damit war der Weg für die globale Verbreitung dieses ursprünglich religiösen Symbols und seiner sprichwörtlichen Bedeutung geebnet. Die ähnlich lautende lateinische Triade des Mittelalters „Audi, vide, tace, si tu vis vivere pace“ mit ihren vielen europäischen Lehnübersetzungen war Ende des 19. Jahrhunderts nur noch wenig geläufig, so dass die japanische Version ungehindert in Europa Fuß fassen und sich durch die wachsende Beliebtheit der dazugehörigen Affengruppe schnell verbreiten konnte.

Man geht davon aus, dass sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts die drei weisen Affen auch in Deutschland eingefunden haben. Vor allem aber haben sich das Affenmotiv und das dazugehörige Sprichwort im deutschsprachigen Raum seit dem Zweiten Weltkrieg durchgesetzt, und zwar sicherlich auf dem direkten Weg von Japan nach Deutschland und nicht über den Umweg des angloamerikanischen Sprachraums. Nur so lässt sich erklären, dass in der deutschen Sprichwortentlehnung „nichts sehen, nichts hören, nichts sprechen“ keine Rede von dem „Bösen“ ist, das im Englischen so dominant heraussticht.

Die internationale Popularität der drei Affen hat bewirkt, dass die ehemalige religiöse Bedeutung dieses Motivs längst verloren gegangen ist. Heute findet man die Philosophie der drei weisen Affen in den unterschiedlichsten Variationen dargestellt. Nicht selten wird in Wort und Bild die hinter dem Affen-Symbol stehende Aussage „nichts sehen, nichts hören, nichts sprechen“ auch auf andere Darstellungsformen übertragen. Insbesondere aber werden heute die drei Affen für gesellschafts-kritische Betrachtungen herangezogen. Losgelöst von seiner ursprünglichen Bedeutung wird das Motiv der drei Affen heute eher kritisch als Teil einer bestimmten Lebensphilosophie gesehen, die Teilnahmslosigkeit und Trägheit heiligt. Auf humorvolle, ironische und auch satirische Weise wird in Texten und Karikaturen auf die drei Affen Bezug genommen, um Gleichgültigkeit, Gedankenlosigkeit und Passivität an den Pranger zu stellen.

Mit unseren „drei Bären der Weisheit“ soll die hinter dem Affen-Motiv stehende Philosophie des Nichts-Sehen, Nichts-Hören, Nichts-Sprechen aus einer neuen Perspektive betrachtet werden, indem wir die Symbolkraft der Aussage umgekehrt haben:

vom „Nichts-Sehen“ hin zum „Hinsehen“
vom „Nichts-Hören“ hin zum „Hinhören“
vom „Nichts-Sprechen“ hin zum „Sprechen“

Unsere „drei Bären der Weisheit“ sollen so einen Beitrag dazu leisten, die traditionelle Affen-Botschaft neu und zeitgemäß zu interpretieren. Unsere „drei Bären der Weisheit“ sollen jeden von uns ermutigen, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, gegenseitig zuzuhören und miteinander zu reden. Sie sollen uns dazu anhalten den Dialog zu suchen im Sinne eines friedlichen Miteinanders zwischen den Menschen und Kulturen.

Um die außergewöhnliche Sonderstellung, die unsere „drei Bären der Weisheit“ innerhalb unserer neuen Teddybären-Kollektion 2006 einnehmen, hervorzuheben, wird diese Bären-Triade, die wir zur diesjährigen Spielwarenmesse in Nürnberg im Februar 2006 gestaltet haben, von uns als Messe-Edition 2006 in einer sehr kleinen Limitierung von nur 100 Stück herausgegeben.

Dr. Ursula Hermann

Quelle für die Informationen über die Drei-Affen-Philosophie: Wolfgang Mieder „Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen“ Wien 2005                                                               

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